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St. Pankratius

St. Pankratius Nievenheim

Die Pfarrkirche St. Pankratius in Nievenheim ist, wie sie sich heute dem Besucher präsentiert, im wesentlichen ein Gebäude aus dem 18. Jahrhundert.

Nur die romanischen Pilaster der unteren drei wohl aus Mendiger Tuffstein erbauten Turmgeschosse sind ein Relikt eines Vorgängerbaus aus dem 12. Jahrhundert. Im wechselvollen Verlauf der 1200-jährigen, dokumentierten Geschichte Nievenheims standen an diesem Ort bereits drei Kirchenbauten, was im Jahr 1990 durch archäologische Grabungen bestätigt werden konnte.

Die ersten beiden Bauten waren Saalkirchen mit halbrunder bzw. rechteckiger, eingezogener Apsis.
Nicht nachgewiesen, aber wahrscheinlich ist zu diesen Bauten ein Vorgängerbau aus Holz. Der zweite Bau erhielt im 12. Jahrhundert den romanischen Turm, dessen Unterschosse bis heute erhalten sind. Der dritte Bau war eine gotische Saalkirche mit dreiseitigem Chorabschluss, der später durch zwei ungleiche Seitenschiffe ergänzt wurde. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war die gotische Kirche so baufällig, dass sie bis auf den Turm abgerissen werden musste. Der damalige Pfarrer Gottfried Krosch wandte sich 1738 an seinen baufreudigen Landesherrn, den Kurfürst und Erzbischof von Köln Clemens August von Wittelsbach. Clemens August lag die Nievenheimer Kirche aufgrund seiner Wallfahrten besonders am Herzen, er half durch eigene finanzielle Zuwendungen, etwa für die Stiftung des Hochaltares, und beauftragte seinen Hofarchitekten Johann Conrad Schlaun, dessen genialem Schaffen wir Bauten wie das Schloss Clemenswerth, den Erbdrostenhof sowie die Clemenskirche in Münster verdanken, mit der Planung. 
In den Jahren 1741 bis 1743 konnte insbesondere mit Hilfe des Privatvermögens des Pfarrers Krosch und vieler Spenden aus der Gemeinde eine schlichte westfälische Hallenkirche erbaut werden. In ihrer Schlichtheit ist diese Kirche vergleichbar mit den kleineren Barockkirchen der Gegend, etwa St. Sebastianus in Neuss oder der Kirche des Nikolausklosters in Jüchen. Die Form der westfälischen Halle stammt aus der Gotik, ist aber sicherlich ein Hinweis darauf, dass der Westfale Conrad Schlaun sie für das Barock wiederentdeckt hat und für die Planung nicht nur der Innenausstattung verantwortlich ist.

Der schlichte Innenraum erhält seine Betonung durch die Altäre, die Kanzel und das barocke Orgelprospekt. Schlichte Säulen und Pilaster mit einfachen Kämpferkapitellen unterstreichen die Höhe der Kreuzgratgewölbe, die früher durch florale Fresken geschmückt waren. Die Säulen hatten ursprünglich figürlichen Schmuck. In den Jahren 1869/70 wurde das Innere dem Zeitgeschmack entsprechend neuromanisch überarbeitet. Betroffen waren davon die Säulen, das Maßwerk der Fenster, die Altarmensen, das Expositionstabernakel und die Beichtstühle, sowie die Farbgebung der Säulen und Gewölbe, die die neuromanischen Farben Rost und Türkis erhielten. Die hölzernen Altarmensen wurden durch Steintische ersetzt, die figürlichen und floralen Freskenschmuck erhielten. Unter der Hochaltarmensa sind die vier Propheten figürlich dargestellt, die auf Jesus verweisen, nämlich Jeremia, Jesaja, Elias und Daniel. 
Das barocke Expositionstabernakel wurde ebenfalls durch einen mit viel Schnitzwerk und Engelköpfen verziertes Tabernakel ersetzt, das sich für das ungeübte Auge gut in den barocken Hochaltar einpasst. Unterhalb der Kämpferkapitelle der Säulen wurden neuromanische Würfelkapitelle ergänzt, die die Säulen gedrungener wirken lassen. In den neuromanischen Beichtstühlen wiederholt sich der Arkardenschmuck der an den Turm angebauten Portalbauten. Die Bildmedaillons der vier Evangelisten im Kanzelkorp wurden herausgenommen (sie hängen heute in den Seitenschiffen) und durch neuromanische Halbplastiken auf vergoldetem Hintergrund ersetzt.

Blickfang des Innenraumes sind nach wie vor die barocken Holzaltäre, die nach Entwürfen von Conrad Schlaun erbaut wurden. Sie wurden ausgeführt von dem Münsteraner Holzbildhauer Christoph Mannskirchen und dem Kölner Tischlermeister Ägidius Rheinberg. Der Hochaltar wurde, wie das kurfürstliche Wappen an der Spitze verrät, von Kurfürst Clemens August gestiftet. Zentrum des Altares ist die Nievenheimer Salvatorfigur, die unter einem Bogenbehang, der von Putten offengehalten wird, steht. Der offene Bogenbehang symbolisiert den offenen Himmel. Darüber verweisen die sitzende Figur Gott Vaters und des heiligen Geistes als Taube auf den Salvator. Die Salvatorfigur ist frühgotisch und stammt aus der Wende vom 13. auf das 14. Jahrhundert. Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die Salvatorfigur in der Zeit des Bildersturms von der Duisburger Salvatorkirche, die den reformierten Glaube annahm, ins katholische Nievenheim gebracht, wo sie seit über 450 Jahren in der sogenannten Salvatoroktav, um Fronleichnam verehrt wird. Nach der Pest 1667 stifteten die Nievenheimer aus Dankbarkeit für ihre Verschonung der Salvatorfigur eine silberne Krone. 

Der rechte Seitenaltar wurde von Conrad Schlaun gestiftet und zeigt als Altarbild die Anbetung der heiligen drei Könige, eine flämische Arbeit aus dem 17. Jahrhundert. Ursprünglich wollte Conrad Schlaun, der in Nievenheim durch Heirat ansässig geworden war, vor diesem Altar begraben werden. Der linke Seitenaltar war ursprünglich ein Marienaltar. Das Altarbild wurde 1924 durch eine Herz-Jesu-Darstellung, die von Maria und Josef flankiert wird, ersetzt. Dieses Jugendstilgemälde ist gemalt von dem Bruder des damaligen Pfarrers Hubert Emonds und zeigt zu Füßen der Darstellung Jesu ein „Luftbild“ des damaligen Nievenheim. 

Um 1890 gelangte ein Vesperbild als Geschenk des damaligen Pfarrers Caspar Josef Rumpen in die Nievenheimer Kirche. Das Tafelbild ist in der perspektivischen Technik eines Nachblickbildes gestaltet und stellt Maria, den Leichnam Jesu und den Evangelisten Johannes dar. Es stammt aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Richtet der Betrachter seinen Blick auf den Evangelisten Johannes und geht weiter an dem Bild vorbei, so verfolgt Johannes den Betrachter mit seinen Augen. Bemerkenswert ist auch der Rahmen dieses Bildes, der aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammt und chinesische Weisheitsgötter halbplastisch darstellt. Die Chinamode wurde im 17. Jahrhundert durch die Jesuiten in die Kirchen gebracht. Die Chinamissionare der Jesuiten hielten das chinesische Kaiserreich für eine Verwirklichung des Augustinischen Gottesstaates auf Erden.

Abschließend sei noch das barocke Orgelprospekt erwähnt, was seit 1996 eine Sauer-Orgel enthält, deren Klang auch in regelmäßigen Konzerten zu hören ist.

Glasfenster: http://www.glasmalerei-ev.de/pages/b500/b500.shtml