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10. Gemeindebrief: Predigt zum Sonntag 23./24.05.2020

Liebe Gemeindemitglieder,
zum 7. Ostersonntag in der Osterzeit erhalten Sie unseren neuen Gemeindebrief.
Ihr Michael Offer, Diakon i. Z.

Kontakt über das Pastoralbüro:
Conrad-Schlaun-Straße 5
41542 Dormagen
Tel. 02133 90062
Mail: st-pankratius@dormagen-nord.de

1. Lesung - Apg 1,12-14

Lesung aus der Apostelgeschichte.

Als Jesus in den Himmel aufgenommen worden war, kehrten sie von dem Berg, der Ölberg genannt wird und nur einen Sabbatweg von Jerusalem entfernt ist, nach Jerusalem zurück.

Als sie in die Stadt kamen, gingen sie in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben:
Petrus und Johannes,
Jakobus und Andreas,
Philippus und Thomas,
Bartholomäus und Matthäus,
Jakobus, der Sohn des Alphäus,
und Simon, der Zelot,
sowie Judas, der Sohn des Jakobus.

Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern.

2. Lesung - 1 Petr 4,13-16

Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Petrus.

Schwestern und Brüder!

Freut euch, dass ihr Anteil an den Leiden Christi habt;
denn so könnt ihr auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit voll Freude jubeln.
Wenn ihr wegen des Namens Christi beschimpft werdet, seid ihr seligzupreisen;
denn der Geist der Herrlichkeit, der Geist Gottes, ruht auf euch.
Wenn einer von euch leiden muss, soll es nicht deswegen sein, weil er ein Mörder oder ein Dieb ist, weil er Böses tut oder sich in fremde Angelegenheiten einmischt.

Wenn er aber leidet, weil er Christ ist,
dann soll er sich nicht schämen, sondern Gott darin verherrlichen.

Evangelium - Joh 17,1-19

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.

In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel und sagte:

Vater, die Stunde ist gekommen.
Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht!
Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt.
Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus.
Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast. Jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war! Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir und du hast sie mir gegeben und sie haben dein Wort bewahrt. Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist. Denn die Worte, die du mir gabst, habe ich ihnen gegeben und sie haben sie angenommen. Sie haben wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast.

Für sie bitte ich;
nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast;
denn sie gehören dir.
Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht.

Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt und ich komme zu dir.

Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir!

Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich habe sie behütet und keiner von ihnen ging verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit sich die Schrift erfüllte.
Aber jetzt komme ich zu dir und rede dies noch in der Welt, damit sie meine Freude in Fülle in sich haben. Ich habe ihnen dein Wort gegeben und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin.
Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst. Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.

Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit.

Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt.
Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind.

Predigt: Gehen müssen wir selbst

Freunde?

Die sogenannten sozialen Netzwerke des Internets - das bekannteste ist wohl Facebook - haben zuvor nicht vorhandene Möglichkeiten geschaffen, Beziehungen zu knüpfen. Beliebt sind Listen, auf denen man anzeigen lässt, wen man zu seinen Freunden zählt oder was einem an anderen Profilen gefällt.
Die sozialen Netzwerke werden nicht nur für private Kontakte genutzt.
Sie bieten auch die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten zusammenzutun; auch und gerade in Zeiten wie diesen.

Es gibt aber auch Menschen, die sich bewusst aus solchen Netzen heraushalten, obwohl sie die technischen Möglichkeiten dazu besitzen. Es kostet viel Zeit, auf diesem Wege Beziehungen zu pflegen, Anfragen zu beantworten und seinen Freunden die nötige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Vielen sind diese Beziehungen zu oberflächlich. Nicht selten kommt es vor, dass sich Leute als Freunde eintragen lassen, die jemand kaum kennt. Für manche Teilnehmer geht es mehr um die Menge als um die Qualität von Beziehungen. Engere Beziehungen beinhalten naturgemäß auch Persönliches oder Intimes, das nicht jeder der Neugier eventueller Gaffer preisgeben möchte.

Gott kennen lernen

Um das Erkennen, ein sich Kennenlernen geht es Jesus auch im heutigen Evangelium:

"Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast".

Doch in welcher Weise kann man Gott kennen, kennen lernen, erkennen?
Gott hat kein Facebookprofil.

Es gibt Menschen, die bezeichnen sich als Agnostiker. So bezeichnen sich Menschen als Agnostiker, die nicht an Gott glauben, weil sie überzeugt sind, ihn nicht erkennen zu können. Sie können sich nicht vorstellen, dass man mit irgendeiner anerkannten Methode verlässliche Erkenntnis über Gott gewinnen kann.
Gott erkennen oder gar beweisen können wir sicher nicht mit den Methoden der Naturwissenschaft. In den Geisteswissenschaften kommt es darauf an, welche Erkenntniswege die jeweilige Wissenschaft gelten lässt.

Wie soll man da Gott erkennen?

Die Bibel hat im Hinblick auf das Erkennen Gottes ihre eigene Sprechweise.

Die biblischen Autoren und ihre handelnden Personen setzen die Existenz Gottes normalerweise als selbstverständlich voraus. Das Wort "erkennen" verwenden sie meist im Zusammenhang mit Beziehung. "Einen Menschen erkennen" bedeutet, eine innige Beziehung mit ihm haben, und wird mitunter auch für die sexuelle Gemeinschaft mit einem Menschen gebraucht. Im Vollzug der Sexualität ist sozusagen inbegriffen, dass man erkennt, wer oder wie der Partner seinem Wesen nach ist. Jedenfalls geht es bei solchem Erkennen um mehr als um eine Facebookfreundschaft und um mehr als um ein "den kenne ich auch".

Wie gut kennen wir jemanden, von dem wir meinen, dass wir ihn kennen?
Gibt manchmal nicht auch eine vertraute Person Rätsel auf?

Man meint, sie oder ihn zu kennen wie kein anderer, und doch ist und bleibt sie oder er immer auch ein Stück fremd.
Jemand kennen lernen, erkennen, ist genau genommen ein ganzes Lebensprogramm.
Diese Erfahrung und Überzeugung steht wohl auch dahinter, wenn Jesus sagt:

"Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast".

Ein Lebensprogramm

Gott kennen lernen ist ein Lebensprogramm.

Allerdings ein sehr lohnendes; behauptet zumindest Jesus: Wer sich auf eine tiefere Beziehung zu Gott einlässt, erfährt, Leben in einer ungeahnten Dichte, "ewiges Leben". Ein Leben, das ähnlich wie das Leben Jesu selbst alle Grenzen, die uns Menschen durch unsere Endlichkeit gesetzt sind, sprengt und überwindet. Es wird zu einem unendlichen Leben nicht nur der zeitlichen Ausdehnung nach, sondern auch in seiner Fülle, volles Leben.
Beispiele solchen Lebens sind das Leben Jesu selbst und die Lebensgeschichten der Heiligen.
Es ist kein Zufall, dass uns dieses Programm nach der Himmelfahrt Jesu und im Hinblick auf die Sendung des Heiligen Geistes vorgestellt wird. Denn diesen Weg muss jeder Mensch selbst gehen. Beziehung in dieser Dichte kann man nur persönlich erleben und nicht als Pauschalerlebnisreise buchen.
Jesus bietet uns an, den Heiligen Geist Gottes als Reisebegleiter zu geben.

Gehen müssen wir selbst.

22.05.2020

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